Vom Malecón an die Alster

„Lady Salsa“ gastiert in Hamburg – und die Salsa-Szene ist dabei

Fredy kDie Show „Lady Salsa“ erzählt auf ihrer Tournee nun auch in Hamburg die Geschichte der kubanischen Musik auf der Bühne. Fredesvindo Garcia Batista, FredyClan genannt, ist bis 2004 mit diesem und vielen anderen Ensembles auf Tournee gewesen. In Hamburg ist der Tänzer und Choreograph geblieben und arbeitet seitdem als Tanztrainer für die Latin Dance Academy.

Auch Papito Estevez Ortiz war mit „Lady Salsa“ und anderen Shows auf den Bühnen der Welt zu Hause, bevor er vor zwei Jahren nach Hamburg kam. Wenn der 35-Jährige mit dem verschmitzten Lächeln eine neue Figur zeigt, sieht sie mit jeder Anfängerin leicht und fließend aus. „Kleine Schritte, locker die Arme und un, dos,
tres….“. Auf einmal klappt die Drehung, mit nur zwei Fingern geführt, auf Anhieb.

Auf Einladung von Requena Delgado, der Chefin der Latin Dance Academy, gibt Papito Unterricht in Salsa, aber vor allem bringt er den Schülern Rumba und Reaggaton bei. „Wer sich für Salsa interessiert, sollte sich auch für Rumba, Orishas, für alles, was wir haben, interessieren“, sagt er. „Das sind die Wege, die zur Salsa führen und wenn man alles probiert, muss auch die Salsa besser sein“, rät er.

Papito und Diamarys kNebenan ist die Musik aus. Diamarys Sarabaza Cuesta versucht, die Hüften der Kursteilnehmerinnen mit Aufwärmübungen zu lockern. Die Bewegungen von Armen und Beinen der Damen des „Lady Styling“-Kurses werden anschließend koordinert. „Mädels, bei drei muss der Popo hinten sein“, lacht sie und führt das Hüftkreisen im Takt vor. Diesen Kurs gibt die 32-Jährige am Liebsten. „Das hat mehr mit den Bewegungen zu tun, die ich mag“, erklärt sie. Vor sechs Jahren ist die Tänzerin
cubanischer Folklore vom Malecón an die Alster gekommen, um zu lernen, wie auch „steife“ Europäer locker werden. Die Methodik dabei ist ihr wichtig, denn die Elemente der anderen cubanischen Tänze helfen dabei, sie seien schließlich der Ursprung der Salsa. „Erst die Schritte, dann kann man mal die Schultern schütteln“, sagt sie.

Um gut zu unterrichten, müsse man konsequent sein, Details finden, damit auch die Tanzschüler einen Fehler in den Griff bekämen, meint sie. Wenn sie dabei mit der Musik arbeitet, die sie mag, fällt es ihr leicht, lacht sie. Um selber als Tänzerin gut zu bleiben, hält sie sich fit und trainiert so oft es geht auch mit anderen oder besucht den Unterricht von anderen Trainern. Außerdem nimmt sie ab und zu Ballettunterricht.
„Nicht weil ich es brauche, sondern um in Form zu bleiben und weil es Spaß macht“.

Ihre Arbeitszeit ist die Freizeit der Tanzschüler. Nachmittags geht es los und am Wochenende ist nach dem letzten Kurs um 22 Uhr noch lange nicht Schluss. Dann gibt es zur Stärkung ein Stück Pizza, sie steckt die vielen Zöpfe ihrer langen schwarzen Haare hoch, frischt ihr Make up auf und dann wird gefeiert. Mit den Freunden aus Cuba und anderen lateinamerikanischen Ländern, den Schülern und allen, die Spaß am Tanzen haben. Und auch mit dem Ensemble von „Lady Salsa“, die zu Gast in Hamburg und im „La Macumba“ sind. „Man sieht sich so oft in der Woche oder übers Jahr verteilt, dann kennt man sich. Es ist mehr als nur Lehrer und Schüler – in der ganzen Salsa-Szene“, erzählt Diamarys.

Und da kennt man sich auch über die Grenzen hinweg. Diamarys wird, wie Fredy und Papito, zu internationalen Festivals als Trainerin eingeladen. Anfang Juni sind die drei in Horsens, Dänemark, zum „Baila Siempre Weekend“. „Hier muss man die Leute schneller beeindrucken, als im Alltag“, berichtet Diamarys. „Man muss ganz anders unterrichten, sehr schnell neue Infos geben und die Ergebnisse sehen“, sagt sie. Auf alle Fälle sind die Festivals etwas ganz Besonderes. „Die Leute sind locker drauf, man lernt viele neue Leute kennen und die ganze Atmosphäre, das Ambiente ist anders als sonst“, freut sie sich.

So tanzt sie auch wieder vor großem Publikum. Die ehemalige Primera Bailarina der international bekannten „Compañía de Danza Folclórica Ban Rarrá“ gehört zum kleinen Kreis der besten Tänzerinnen Cubas. In Hamburg hatte sie ihren letzten kleinen Auftritt beim Tanz in den Mai im Saselhaus mit Tanzpartner Papito.
Zwischen rosa geschmückten Maibäumen, pinkem Tischschmuck und vor den dicht gestellten Tischen des ausverkauften Saselhauses zeigten die beiden eine Salsa und einen Son, der durch den Film „Buena Vista Social Club“ bekannt wurde. Hier sind die Wurzeln der Salsa zu finden, für die Cubaner ist er der Urklang der Musik, die Mutter aller Rhythmen. „Das tanzen in Cuba die älteren Leute“, kündigte Nasi Tiessen, die Organisatorin des „Tanz in den Mai“, an. Nur wenig hatten Diamarys und Papito trainiert, aber auf der Tanzfläche in Sasel sah der Tanz alles andere, als improvisiert aus. Diamarys – in schwarzer Lederhose, schwarzem Top und
unendlich hohen Absätzen – und Papito – ganz in weiß – wirbelten nicht nur in komplizierten Drehfiguren über die Tanzfläche. Beide Tänze wirkten, wie ein Geschichte, die ausdrucksstark einzeln sowie als Paar getanzt, dem Publikum erzählt wurde. Teils mit Hebefigur und akrobatischer Einlage, aber auch mit den
afrokubanischen Elementen, die die Würze der Salsa, der „Soße“ ausmachen.

Requena kDiese Ursprünge bringt Requena Delgado, die Inhaberin der „Latin Dance Academy“ ihren Schülern auch hautnah bei. Beispielsweise auf den Tanzreisen nach Havanna, die sie in diesem Jahr zum dritten Mal organisiert. „Fast alle Leute, die zu uns kommen, möchten nicht nur etwas über Salsa wissen, sondern auch über Cuba“, sagt
sie. Als die 41-jährige vor fast 15 Jahren nach Hamburg kam, wurde der cubanische Salsa-Stil in Hamburg nur in einer Tanzschule getanzt und dort war keine Stelle als Trainerin frei. Also hat Requena im Kulturhaus Eppendorf und bei der Volkshochschule Kurse gegeben. „Ich wollte etwas mit Tanzen machen“ – das wusste sie
schon ganz genau. An der Sporthochschule hat sie mit Kindern gearbeitet und ihnen dort die cubanischen Tänze näher gebracht.

Die Idee ein eigenes Studio zu eröffnen kam anschließend und gegenüber der Staatsoper eröffnete sie 2002 die „Latin Dance Academy“, in der am Wochenende auch die Partys des „La Macumba“ stattfinden. „Hier ist das, was ich wollte, Lehrerin sein, was ich bis dahin gar nicht wusste“, lacht sie. Seit vier Jahren ist sie
in der Adenauerallee und bietet Kurse und Wochenend-Workshops in allen lateinamerikanischen Tänzen an.
„Nicht so viel mit der Hüfte, weniger in die Knie gehen, streck das Bein“, korrigiert sie. Gegen die laute Musik beim Unterricht kommt die zierliche Person nur mit einem Mikrofon an. Sie tanzt die Herren- sowie die Damenfiguren – und beim freien Tanzen sieht sie dennoch alles. „Männer, ihr müsst beim Kreuzen in die Knie
gehen, so“, sagt sie und lässt die Herren wiederholen, bis es jeder kann. „Frauen, ihr braucht Schwung, aber nicht zu viel Schwung“, verlangt sie und lässt auch das mit und ohne Musik wiederholen.

Sie hat zwar ihr Konzept für den modularen Unterricht, aber gemeinsam mit den Trainern überlegt sie, was leichter oder anders gemacht werden könnte und sie tauschen Ideen aus. „Vor allem möchte ich die Verbindung zu den Menschen weitergeben, die Energie, die man in Cuba durch das tanzen bekommt. Die Leute, die herkommen, haben viel Freude und ich glaube sie öffnen sich auch vom Charakter her“, lacht sie. Sie hat viele besondere Schüler, viele, die schon lange kommen oder besonders großes Interesse am Tanzen haben. „Man gewöhnt sich daran, die Leute zu sehen und wenn sie mal nicht kommen, fehlen sie mir“, gesteht sie.
Da wäre Martin, der erst vor zwei Jahren das Laufen gegen Tanzen getauscht hat. „Er hat als Rumbaschüler angefangen und war ziemlich schnell ziemlich gut“, stimmt auch Diamarys zu. Mittlerweile kommt Martin oft als Assistent, wenn in den Kursen mehr Frauen als Männer angemeldet sind. Und die Feinheiten zeigt
Fredy ihm anschließend im Einzelunterricht. Oder George, der seit Januar an jedem Wochenende den langen Weg aus Köln nach Hamburg fährt. „Das gibt es nur in Hamburg, diese Tanzschule ist quasi eine Filiale außerhalb Kubas“, erklärt der 53-Jährige. Er hat gefunden, was zu ihm passt, meint er. „Die ganze Atmosphäre hier sagt mir zu, sie ist an die Menschen gebunden und einfach sich so zu bewegen ist klasse“. Im Unterricht, aber auch zu den Partys am Abend fühlt er sich wie
außerhalb Europas. „Mit den Menschen hier stellt sich gute Laune ein, eine Lebensfreude einfach. Es ist anstrengend, aber was man dafür bekommt ist unbezahlbar“, betont er.
Jonathan Jimémez hat als einer der ersten Schüler bei Requena angefangen. Mittlerweile ist der Venezuelaner selber Trainer. Tanzen konnte er schon und nach einigen Jahren als Assistent hat er bei Requena die Ausbildung zum Trainer gemacht. „Wenn ich etwas kann, dann kann ich es auch weitergeben, dass andere ebenfalls Spaß daran haben. Die Freude möchte ich weitergeben und mich macht es glücklich zu sehen, wenn jemand Fortschritte gemacht hat und weitergekommen ist. Dass die Leute die Figuren, die sie im Kurs gelernt haben auch auf Partys tanzen“, sagt er.
„Man muss sich an die Leute anpassen. Es ist ein bisschen wie ein Spiel, tanzen, lachen, sich kennen lernen. Man redet ja auch mal über etwas Persönliches, wenn man sich etwas länger kennt. Die Möglichkeit hat man ja im Unterricht nicht. Nach und nach
entwickeln sich auch kleine Freundschaften“, erklärt er. Die Art mit den Leute umzugehen, hätte er von seinem Englisch-Lehrer und so bliebe es nicht nur dabei, Stoff zu vermitteln. Jonathan, auch Jon Lord genannt, belegte 2004 mit 18 Jahren bei der Deutschen Meisterschaft Salsa den vierten Platz. Ernst wird es im Kurs dann, wenn er die schwarzen Locken zum Zopf bindet, denn es soll weiter gehen und vorübergehend stellt er Sprüche und Späße ein. Erst wenn das neu Gelernte geübt wird und er wieder selber mittanzt, kommt der Spaßvogel durch. Dann tanzt er Figuren, die seine Partnerin plötzlich kann obwohl sie diese noch nicht gelernt hat. Dann improvisiert er eine kleine Show-Einlage und dabei macht auch die ehrgeizigste Konzentration Pause, denn damit zaubert er auf jedes Gesicht ein herzhaftes Lachen.
Derzeit gibt Jonathan immer häufiger Privatunterricht. Und auch Fredy betreut eher einzelne Schüler, wenn er nicht gerade mit dem Projekt „FClan“ und Papito unterwegs ist. Mit dem Anspruch das musikalische Erbe Kubas weiterzuentwickeln wurde das Projekt FClan geboren, womit Fredy und Papito mit Kollegen einige Kooperationen, Musik-Produktionen wie „Bataclan“ und Promotion-Videos realisiert haben. Papito, mit Künstlernamen PapitoChango, verlagert seinen
Schwerpunkt damit ein wenig, denn er möchte Singen und Tanzen miteinander kombinieren. Sein Ziel ist es, die Band und ihre Shows internationaler zu machen. Das „F“ des Clan, der Gruppe, stehe immerhin für Futuro, Zukunft, und das wäre wie ein Zeichen, meint er.

Bildunterschriften:
Bild 1: Papito Estevez Ortiz, „PapitoChango“, und Diamarys
Sarabaza Cuesta bei ihrem Auftritt im Saselhaus zum „Tanz in den Mai“
Bild 2: Fredesvindo Garcia Batista, „FredClan“, gibt Einzelunterricht
Bild 3: Requena Delgado, Chefin der „Latin Dance Academy in Hamburg